Sankt Michaels-Kapelle (Hoogenhof)
Die Stankt Michaels-Kapelle, Hofkapelle des Hoogenhofes im Ortsteil Saalhoff, besitzt ein Fenster, das wohl einmalig bei Sakralbauten ist. 26 kleine, bunte Glasscheiben, durch Holzrahmen zusammengesetzt zu einem großen Fenster, zeigen zum Teil recht profane Szenen aus dem Arbeitsleben einer Brauerei. Da ist ein Wirt mit Schenkkrug und Trinkglas abgebildet und mehrere Ansichten aus einer Rossmühle, wo gerade geschrotet wird.
Scheiben mit Widmungssprüchen lassen darauf schließen, dass dieses Fenster von Verwandten und Bekannten anlässlich einer Wirtshauseröffnung gestiftet wurde. Fast alle der 26 Fensterscheiben tragen die Jahreszahl 1724, aber die Kapelle selbst ist später gebaut worden. Wie kann ein Fenster älter sein als das Gebäude selbst? Und wie kommt so ein unheiliges Fenster in eine Kapelle? Diese Merkwürdigkeiten kamen so zustande:
Als weit vor der Entstehung der heutigen Kapelle auf dem Hoogenhof eine Brauerei eröffnet wurde, baute man darüber eine Kapelle - wohl um den lieben Gott gnädig zu stimmen. Der ließ in seiner grenzenlosen Güte die Brauerei so florieren, dass man später erweitern musste, und da war ausgerechnet der liebe Gott im Wege. Die Kapelle wurde an eine andere Stelle im Hof verlegt, und aus der ehemaligen Kapelle über der Brauerei wurde nun ein Schankraum. Zur feierlichen Eröffnung wurden alle Freunde und Verwandten gebeten, doch ein schönes, buntes Fenster zu stiften. Dies war nämlich früher hier am Niederrhein und in Westfalen so Brauch: Wenn jemand ein Gebäude errichtete, nicht nur bei Brauereien oder Gastwirtschaften, legten alle Freunde und Verwandte zusammen und ließen ein schönes Fenster machen, auf dem sich die Spender verewigten. Dies hatte der Bauherr dann mit viel Bier zu honorieren und daher nannte man diese Fensterscheiben „Fenster-Bier-Scheiben" oder auch „Bier-Glas-Fenster". Die Brauerei lief gut, das Bier natürlich auch. Das hätte auch weiter laufen können, doch viele Jahre später, als die Farbbilder der schönen Bier-Glas-Scheiben schon arg verblichen waren, wurde die Brauerei wieder aufgegeben. Der Schankraum war genauso so überflüssig geworden wie abgestandenes Bier und weil man auf dem Hof Platz brauchte, kam die Kapelle wieder an ihren alten Platz.
Das schöne Fenster aus dem Schankraum mit den bunten Glasscheiben aber wollte man nicht so einfach wegwerfen. Man baute es in die Kapelle ein, denn mittlerweile waren die etwas verblichenen Ansichten zwar immer noch schön bunt, aber kaum noch zu erkennen. So kam ein altes Fenster in eine neue Kapelle und erst Denkmalschützern unserer Zeit fiel bei genauerer Betrachtung der Scheiben auf, dass diese ganz und gar unheilig sind.
Da aber an den Hof immer noch das höchst begehrte Braurecht gebunden war, mietete vor mehr als hundert Jahren ein Herr Josef Diebels den Braukeller unter der Kapelle und fing wieder an, Bier zu brauen. Erst Jahre später gründete er seine eigene Brauerei in Issum, die heute das bekannte Diebels-Alt in ganz Deutschland liefert. Damit ist der Hoogenhof die Keimzelle dieser bekannten Brauerei.
Im Jahre 2009 wurden die verblichenen Fenster mit Unterstützung der Familie Bösken-Diebels und vieler weiterer privater Spenderinnen und Spender restauriert.
Besichtigungen sind nach telefonischer Absprache mit den Besitzern möglich.
- Ansprechpartner
- Familie Hoogen-Baaken
- Anschrift
- Sankt Michaels-Kapelle (Hoogenhof)
Xantener Straße 80
47475 Kamp-Lintfort - Telefon
- 0 28 42 / 43 10