Neufassung: Allgemeinverfügung der Stadt Kamp-Lintfort vom 18.03.2020 zur Anordnung von Maßnahmen zur Begrenzung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2

18.03.2020

Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2(CoronaSchVO)

Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen hat eine weitreichende Rechtsverordnung zum Schutz vor Neuninfizierungen erlassen. Die darin enthaltenden Regelungen sind ab 23.03.20 00:00 Uhr gültig und ersetzen die Regelungen der Allgemeinverfügung.

Zur aktuellen Landesverordnung

Gemäß §§ 16 Absatz 1 Satz 1, 28 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz) i.V.m. §§ 2 und 3 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz NRW erlässt der Bürgermeister der Stadt Kamp-Lintfort Herr Prof. Dr. Landscheidt folgende Allgemeinverfügung:

I.                  

Die Allgemeinverfügung vom 16.03.2020 (vgl. Amtsblatt der Stadt Kamp-Lintfort Nr. 6/2020 vom 16.03.2020, S.2-6) wird geändert und für das Gebiet der Stadt Kamp-Lintfort insgesamt wie folgt neu gefasst:

1.    

Reiserückkehrern aus Risikogebieten nach der Klassifizierung des Robert-Koch-Instituts (RKI-Klassifizierung) wird für den Zeitraum von 14 Tagen nach Aufenthalt die Betretung folgender Bereiche untersagt:

  • Gemeinschaftseinrichtungen (Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen, Heilpädagogische Kindertageseinrichtungen, „Kinderbetreuung in besonderen Fällen“, Schulen und Heime, in denen überwiegend minderjährige Personen betreut werden) sowie betriebserlaubte Einrichtungen nach § 45 SGB VIII (stationäre Erziehungshilfe),
  • Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken,
  • stationäre Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe, besondere Wohnformen im Sinne des SGB IX sowie ähnliche Einrichtungen,
  • Berufsschulen,
  • Hochschulen.

2.

Gegenüber Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie stationären Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe, besondere Wohnformen im Sinne des SGB IX sowie ähnliche Einrichtungen  im Stadtgebiet Kamp-Lintfort werden nachstehende Maßnahmen angeordnet:

  • Diese Einrichtungen haben Maßnahmen zu ergreifen, um den Eintrag von Corona-Viren zu erschweren, Patienten und Personal zu schützen und persönliche Schutzausrüstung einzusparen.
  • Sie haben Besuchsverbote oder restriktive Einschränkungen der Besuche auszusprechen; maximal ist aber ein registrierter Besucher pro Bewohner/ Patient pro Tag mit Schutzmaßnahmen und mit Hygieneunterweisung zuzulassen. Ausgenommen davon sind medizinisch oder ethisch-sozial angezeigte Besuche (z.B. Kinderstationen, Palliativpatienten).
  • Kantinen, Cafeterien oder andere der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtungen für Patienten und Besucher sind zu schließen,
  • sämtliche öffentliche Veranstaltungen wie Vorträge, Lesungen, Informationsveranstaltungen etc. sind zu unterlassen.

3.     

Der Betrieb folgender Einrichtungen und  Begegnungsstätten bzw. deren Angebote sind ab sofort einzustellen:

  • Kneipen, Cafés, Bars, Clubs, Diskotheken, Theater, Opern- und Konzerthäuser, Kinos, Museen und ähnliche Einrichtungen unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft oder von Eigentumsverhältnissen
  • Messen, Ausstellungen, Freizeit- und Tierparks und Anbieter von Freizeitaktivitäten (drinnen und draußen), Spezialmärkte und ähnliche Einrichtungen
  • Fitness-Studios, Schwimmbäder und „Spaßbäder“, Saunen und ähnliche Einrichtungen
  • Spiel- und Bolzplätze
  • Angebote in Volkshochschulen, in Musikschulen und in sonstigen öffentlichen und privaten außerschulischen Bildungseinrichtungen
  • Reisebusreisen
  • Jeglicher Sportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen sowie alle Zusammenkünfte in Vereinen, Sportvereinen, sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen
  • Spielhallen, Spielbanken, Wettbüros und ähnliche Einrichtungen
  • Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen

4.     

Der Zugang zu Angeboten der nachstehenden Einrichtungen wird beschränkt und ist nur unter Auflagen sowohl für den Innen- als auch den Außenbereich gestattet:

  • Bibliotheken außer Bibliotheken an Hochschulen
  • Mensen, Restaurants und Speisegaststätten sowie Hotels für die Bewirtung von Übernachtungsgästen

a) Diese Einrichtungen haben sicherzustellen, dass

  • eine Registrierung aller Besucherinnen und Besucher mit Kontaktdaten (Datum, Uhrzeit, Nachname, Vorname, Adresse, Telefonnummer)erfolgt und die Auflistung bis auf Weiteres aufbewahrt wird und den zuständigen Behörden auf Anforderung zur Verfügung gestellt wird
  • die Einrichtung ist so zu gestalten, dass zwischen den Tischen ein Mindestabstand von zwei Metern eingehalten wird,
  • sofern keine Tische vorhanden sind, ist ein Mindestabstand von 2 Metern der Gäste untereinander zu gewährleisten
  • die zulässige Anzahl der Besucherinnen und Besucher im Gastraum ist begrenzt auf maximal eine Person je vier Quadratmeter
  • in den Einrichtungen sind gut sichtbar und für jedermann erkennbar Hinweise zu den richtigen Hygienemaßnahmen (herunterzuladen z.B. auf der Homepage des Robert-Koch-Instituts) anzubringen
  • die Einhaltung der Hygienehinweise ist den Besucherinnen und Besuchern zu ermöglichen
  • bei Speiseangeboten in Buffetform ist sicherzustellen, dass zwischen den Gästen ausreichend Abstände eingehalten und Menschenansammlungen vermieden werden.

b) Restaurants und Speisegaststätten sind zudem frühestens ab 6 Uhr zu öffnen und spätestens ab 15 Uhr zu schließen.

5.     

Alle Verkaufsstellen des Einzelhandels sind zu schließen. Ausgenommen sind folgende Betriebe:

  • Einzelhandel für Lebensmittel, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Tankstellen, Banken und Sparkassen, Poststellen, Frisöre, Reinigungen, Waschsalons, der Zeitungsverkauf, Bau-, Gartenbau- und Tierbedarfsmärkte und der Großhandel.

Dienstleister und Handwerker können ihrer Tätigkeit weiterhin nachgehen.

6.    

Der Zugang zu Einkaufszentren, „Shopping Malls“ und vergleichbaren Einrichtungen, die mehr als 15 einzelne Geschäftsbetriebe umfassen, ist nur dann zulässig, wenn sich dort nicht zu schließende Einrichtungen im Sinne der Ziffer 5 dieser Verfügung befinden und der Aufenthalt nur zu dem Zweck erfolgt, diese Einrichtungen aufzusuchen.

7.    

Geschäften des Einzelhandels für Lebensmittel, Wochenmärkten, Abhol- und Lieferdiensten, Apotheken sowie Geschäften des Großhandels wird bis auf weiteres auch die Öffnung an Sonn- und Feiertagen von 13 bis 18 Uhr gestattet; dies gilt  nicht für Karfreitag, Ostersonntag und Ostermontag.

8.   

In sämtlichen Verkaufsstellen im Sinne des Ladenöffnungsgesetzes sind erforderliche Maßnahmen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen zu treffen.

9.     

Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken sind untersagt.

10.  

Im Stadtgebiet Kamp-Lintfort sind alle Veranstaltungen untersagt. Das gilt auch für Versammlungen unter freiem Himmel wie Demonstrationen. Ausgenommen von diesem Verbot sind nur solche Veranstaltungen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der Daseinsfür- und -vorsorge zu dienen bestimmt sind oder der Versorgung der Bevölkerung dienen (z.B. Wochenmärkte).

11.  

Folgende Zusammenkünfte im Stadtgebiet Kamp-Lintfort sind ab sofort untersagt:

  • Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften

12.  

Diese Allgemeinverfügung gilt zunächst bis zum 19.04.2020.

13.  

Diese Allgemeinverfügung wird gemäß § 41 Absatz 4 Satz 4 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) öffentlich bekannt gemacht und gilt am Tage nach der Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt Kamp-Lintfort als bekannt gegeben.

II.

Sachverhaltsdarstellung/Begründung:

In Umsetzung des Erlasses des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW (MAGS) vom 15.03.2020 hat die Stadt Kamp-Lintfort als die örtlich zuständige Behörde nach dem Infektionsschutzgesetz die Allgemeinverfügung vom 16.03.2020 erlassen.

Durch den Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW vom 17.03.2020 werden nun weitere kontaktreduzierende Maßnahmen zur Begrenzung der Ausbreitung des Coronavirus geregelt.

Zur Begründung dieser Allgemeinverfügung wird auf die Ausführungen in der Allgemeinverfügung vom 16.03.2020 verwiesen.

Darüber hinaus ist auszuführen, dass das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 sich in kurzer Zeit weltweit verbreitet hat. Auch in Deutschland – insbesondere auch im Kreis Wesel – gibt es inzwischen zahlreiche Infektionen. Vor dem Hintergrund drastisch steigender Infektionszahlen in den vergangenen Tagen und der weiterhin dynamischen Entwicklung der SARS-CoV-2 Infektionen ist es erforderlich, weitere – über die in der bisher ergangenen Allgemeinverfügung enthaltenen hinausgehende – kontaktreduzierende Maßnahmen zur Beeinflussung der Ausbreitungsdynamik zu ergreifen und Infektionsketten zu unterbrechen. Die unter I. genannten Maßnahmen sind geeignet, erforderlich und angemessen, um zu einer weiteren Verzögerung der Infektionsdynamik beizutragen. Durch den vorherrschenden Übertragungsweg von SARS-CoV-2 (Tröpfchen ) z. B. durch Husten, Niesen oder teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierte Personen kann es leicht zu Übertragungen von Mensch-zu-Mensch kommen.

Zwar werden die Grundrechte der Art. 2, Absatz 2, Satz 2, Art. 4, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 8 Grundgesetz insoweit eingeschränkt, die Maßnahme ist jedoch in Anbetracht der vorrangigen Interessen der Gesundheitssicherung der Bevölkerung, insbesondere der besonderen Risikogruppen, gerechtfertigt.

Für diese Anordnung bin ich nach § 3 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz – ZVO-IfSG zuständig.

Die Allgemeinverfügung ist nach § 28 Absatz 3 i. V. m. § 16 Absatz 8 IfSG sofort vollziehbar. Eine etwaige Klage hat daher keine aufschiebende Wirkung.

Hinweis: Gemäß § 75 Absatz 1 Nr. 1 IfSG wird mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer einer vollziehbaren Anordnung nach § 28 Absatz 1 Satz 2 IfSG zuwiderhandelt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Allgemeinverfügung können Sie vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf, Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf, binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes schriftlich oder zur Niederschrift beim Urkundsbeamten des Verwaltungsgerichts Klage erheben. Die Klage muss den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung soll in Urschrift oder in Abschrift beigefügt werden. Die Klage kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß §55a Absatz 4 VwGO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung ERVV) vom 24. November 2017 (BGBl. I S. 3803).

Falls die Frist durch das Verschulden eines von Ihnen Bevollmächtigten versäumt werden sollte, so müsste dessen Verschulden Ihnen angerechnet werden.

Hinweis: Weitere Informationen zur elektronischen Klageerhebung erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de

 Hinweis der Verwaltung:

Durch die Bürokratieabbaugesetze I und II ist das einer Klage bisher vorgeschaltete Widerspruchsverfahren abgeschafft worden. Zur Vermeidung unnötiger Kosten empfehlen wir Ihnen, sich vor Erhebung einer Klage zunächst mit dem/der zuständigen Mitarbeiter/in der Stadt Kamp-Lintfort in Verbindung zu setzen. In vielen Fällen können so etwaige Unstimmigkeiten bereits im Vorfeld einer Klage sicher behoben werden. Die Klagefrist von einem Monat wird durch einen solchen außergerichtlichen Einigungsversuch jedoch nicht verlängert.

Die vorgenannte Allgemeinverfügung wird hiermit öffentlich bekannt gemacht.

Kamp-Lintfort, den 18.03.2020
Der Bürgermeister
Prof. Dr. Landscheidt