Keine neuen Industrieflächen rund um die KWA?

17.10.2023

Die Stadt bemüht sich bereits seit zwei Jahren, die rund um die Müllverbrennungsanlage gelegenen Flächen für die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbeflächen zu entwickeln. Dies sieht die Regionalplanung durch die Ausweisung so genannter „Regionaler Kooperationsstandorte“ auch ausdrücklich vor. Durch diese Festsetzung sollen Standorte für große zusammenhängende Gewerbe- und Industrieflächen für flächenintensive Betriebe planerisch gesichert werden. Dazu gehören auch die beiden Regionalen Kooperationsstandorte Rossenray und Asdonkstraße/Kohlenhuck nördlich und südlich der B 510 mit insgesamt ca. 200 ha. Insbesondere die Vorprägung des Bereichs mit gewerblichen Nutzungen sowie die sehr gute verkehrliche Anbindung an die BAB 57 haben die Eignung der Kamp-Lintforter Flächen für Gewerbe und Industrie begründet. Hier könnten nach dem Wunsch der Stadt Hunderte von gewerblichen Arbeitsplätzen entstehen.

Verschiedene Projektentwicklungsanfragen

Die Stadt hatte Ende 2021 die Ausweisung der Flächen sehr begrüßt und sah sich durch zahlreiche Grundstücksanfragen von Unternehmen und Investoren in der Attraktivität des Standortes bestätigt. Dabei schien eine über 30 ha große Fläche zwischen dem Abfallentsorgungszentrum Asdonkshof und BAB 57 zunächst besonders erfolgversprechend und in einem überschaubaren Zeitraum umsetzbar. „Wir hatten durch den vorlaufenden Abstimmungsprozess die Erwartung, dass der Kreis Wesel interessante Industrieansiedlungen mit der Stadt gemeinsam forcieren würde,“ soBürgermeister Prof. Dr. Christoph Landscheidt. Jedoch hat sich diese Erwartung für die Stadt nicht erfüllt, wie sich nach einer über 16 Monate geführten Diskussion um die Ansiedlung der Europazentrale eines namhaften, weltweit agierenden Fassaden- und Bauelementherstellers zeigte, der mit einem avisierten Investment von geplanten 250 Millionen Euro und ca. 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an diesem Standort großes Interesse gehabt hatte. „Der Kreis Wesel, als Eigentümer dieser Fläche, sieht in der gewerblichen Entwicklung dort eine mögliche Einschränkung für den Bestand des Abfallentsorgungszentrums und hat dieses Vorhaben letztendlich abgelehnt,“ so Landscheidt.

Da auch die weiteren Teilflächen des Kooperationsstandortes aus unterschiedlichen Gründen nicht entwicklungsfähig sind, ergibt sich aus der heutigen Sicht auf absehbare Zeit keine realistische Entwicklungsperspektive für großflächige Gewerbe- und Industriebetriebe in diesen Bereichen. Die Ausweisung als Kooperationsstandort erscheint daher verzichtbar. Die Stadt bedauert dies sehr, da es weit und breit keine vergleichbaren Industrie- und Gewerbeflächen mehr gibt.

 

Alternative Nutzungen?

Welche anderen Nutzungen in Betracht kommen, ist derzeit völlig offen. Denkbar wäre etwa der Ausbau der erneuerbaren Energien wie Windenergie und Freiflächenphotovoltaik. Aufgrund von Abstandregeln und weiteren Tabukriterien besteht in Kamp-Lintfort die Sorge, dass letztendlich großflächige Waldflächen in der Leucht für Windenergiegebiete von der Regionalplanung favorisiert werden könnten. Eine Inanspruchnahme dieses herausragenden Natur- und Erholungsraums sieht die Stadt Kamp-Lintfort sehr kritisch, zumal dieses Waldgebiet in einem ansonsten waldarmen Umfeld liegt. „Stattdessen möchten wir eine Lösung finden, bei der vorbelastete, unempfindliche und damit konfliktfreiere Flächen und Landschaftsräume betrachtet werden,“ so Planungsamtsleiterin Monika Fraling. Ein solcher Raum für Windenergie - ggf. in Kombination mit einer Freiflächen-Photovoltaikanlage an der BAB 57 - könnte aus Sicht der Stadt das Rossenrayer Feld mit seinen Auskiesungen und nördlich angrenzenden Flächen des Kooperationsstandortes sein.

Anfrage an den Kreis Wesel

Vor diesem Hintergrund hatte der Bürgermeister den Landrat des Kreises Wesel angeschrieben, auf die Fakten verwiesen und um Stellungnahme gebeten. Aus dem Antwortschreiben des Landrates geht hervor, dass der Kreis Wesel zum einen ebenfalls an der Freihaltung des Waldgebietes Leucht von Windenergieanlagen großes Interesse hat. Zum anderen möchte der Kreis jedoch den Regionalen Kooperationsstandort nicht aufgeben. Vielmehr geht der Kreis davon aus, dass Windenergienutzung mit Industrie- und Gewerbegebieten grundsätzlich vereinbar wäre und möchte dafür gemeinsam mit der KWA ein planerisches Konzept erarbeiten.

Aus Sicht der Stadt ist es fraglich, ob sich die beiden Nutzungen Gewerbe und Windenergie tatsächlich vereinbaren lassen. Denn Regionale Kooperationsstandorte sind für großflächige Gewerbe-/Industriebetriebe ab 5 ha vorgesehen sind. Die Errichtung von Windenergieanlagen ist hierbei allenfalls als arrondierende Nutzung möglich, denn der Gewerbe- bzw. Industriegebietscharakter muss vorrangig und flächenmäßig überwiegend umgesetzt werden. Damit besteht für die Stadt weiterhin die Sorge, dass die Leucht aus Sicht der Landes- und Regionalplanung für eine Ausweisung von Windenergiegebieten in Betracht gezogen wird.

„Im Ergebnis erscheint aufgrund der o.g. Ausgangs- und Interessenlagen eine Beibehaltung der Kooperationsstandorte in Kamp-Lintfort nicht zielführend. Stattdessen sollten zumindest Teilflächen alternativ für den Ausbau der erneuerbaren Energien geprüft werden. Diese Fragestellung könnten wir gut im aktuell in Aufstellung befindlichen Flächennutzungsplan untersuchen,“ so Landscheidt.

Über diese Fragen berät der heutige Stadtentwicklungsausschuss.