Die Meinung der Bürgerinnen und Bürger ist gefragt: Soll der Zechenturm erhalten bleiben oder fallen?

24.08.2017

Kostengutachten liegt vor. Stadtrat diskutiert am 05. September in Sondersitzung

Der Zechenturm ist ein Wahrzeichen für Kamp-Lintfort
Der Zechenturm auf dem Bergwerksgelände Friedrich-Heinrich

Am Tag der Bundestagswahl, 24. September 2017, sollen die Bürgerinnen und Bürger auch zum Schicksal des Zechenturms befragt werden. Denn: nach dem Abschlussbetriebsplan der Ruhrkohle AG (RAG) soll der Zechenturm abgerissen werden – so wie derzeit alle anderen Gebäude auf dem Bergwerksgelände, die nicht unter Denkmalschutz stehen oder zur weiteren Nutzung verkauft werden können. Ein solcher Verkauf zur eigenwirtschaftlichen Nutzung des Turms, angefangen im Bereich Gastronomie über Freizeitaktivitäten, als Werbeträger bis hin zur Nutzung als Energieerzeuger, ließ sich - trotz vielfältiger Bemühungen und zahlreicher Gespräche mit Investoren - nicht verwirklichen. „Auch die Stiftung Industriedenkmalpflege der RAG hat eine Übernahme des Turms ebenso wie anderer historischer Bestandsgebäude nach langwierigen Diskussionen leider abgelehnt“, so Bürgermeister Prof. Dr. Christoph Landscheidt.

Der Erhalt des Turmes ist daher nur möglich, wenn die Stadt den Turm zu einem symbolischen Preis von einem Euro von der RAG erwirbt. „Eine dauerhafte Nutzung, auch nach der Landesgartenschau, als öffentlich befahrbarer Aussichtsturm und städtebaulicher, historischer Bestandteil des zentralen Quartiersplatzes im neu geplanten Stadtteil Friedrich-Heinrich ist aber nur nach einer gründlichen Sanierung und Ertüchtigung des Turmes möglich,“ erläutert der Bürgermeister weiter.

Um in Erfahrung zu bringen, welche Kosten auf die Stadt zukommen, wurde deshalb das Büro Böll und Partner im April dieses Jahres beauftragt Standfestigkeit, Bauzustand, Sanierungs- und Unterhaltungskosten zu ermitteln. Im Ergebnis beziffern die Gutachter den Aufwand gerundet mit insgesamt 2,5 Mio. Euro, wovon 1,2 Mio. Euro für die Betonsanierung und 1,3 Mio. Euro für die Nutzbarmachung durch einen neuen Aufzug, den Brandschutz sowie weitere Ertüchtigungsmaßnahmen zu veranschlagen sind. Stellt man diese Kosten der voraussichtlich zu erwartenden Fördersumme von 1,9 Mio. Euro gegenüber, verbleibt ein Eigenanteil der Stadt von über knapp 600.000 Euro. Verrechnet man diese Summe wiederum mit den an die Stadt ausgekehrten ersparten Abrisskosten der RAG über eine Mio. Euro verbleiben etwa 400.000 Euro, die die Stadt als Rückstellung in der langfristigen Haushaltsplanung veranschlagen kann.

Da der Turm - wie jede städtische Immobilie - auch Unterhaltungskosten für Wartung, Prüfung und Brandschutzmaßnahmen verursacht, hat die Stadt auch diese von den Gutachtern berechnen lassen. Diese kommen zu jährlichen Kosten von max. 32.000 Euro, einschließlich Versicherungen und Betriebsstrom. Diese Kosten würde die Stadt für die nächsten Jahre aus der Rückstellung von den genannten 400.000 Euro finanzieren, sodass der städtische Haushalt für die nächsten 13 Jahre nicht zusätzlich belastet würde. „Erst danach – voraussichtlich – ab dem Jahr 2033 würden die laufenden Bauunterhaltungsaufwendungen für den Betonförderturm das Bauunterhaltungsbudget der städtischen Gebäudewirtschaft um ein halbes Prozent zusätzlich belasten“, erläutert Kämmerer Martin Notthoff.

In der geplanten Sondersitzung am 05. September soll der Rat der Stadt nun über das weitere Vorgehen und die geplante Bürgerbefragung beraten. Neben den Ergebnissen aus dem Gutachten wird auch das Büro bbzl den aktuellen Stand der Planungen zur Landesgartenschau vorstellen. „Wir nutzen nicht nur aufgrund des thematischen Zusammenhangs diese Sondersitzung, um den aktuellen Sachstand vorzustellen. Nach wie vor haben wir einen ambitionierten Zeitplan, um das Gartenschauprojekt zeitgerecht umzusetzen“, so Martin Notthoff.

Welche Rolle die Türme dabei spielen? Das Büro bbzl geht vom Erhalt der Bauwerke aus und hat beide Türme bei der Platzgestaltung als Grundlage für die Planungskonkretisierung genommen. „Wenn einer der Türme oder gar beide nicht mehr erhalten werden können, müsste die Platzgestaltung sicherlich angepasst werden. Denn deutlich wird, dass der Quartiersplatz mit seiner geplanten Größe von über 15.000 qm erst durch die Türme richtig in Szene gesetzt wird“, so die Verwaltungsspitze.                       

Ergebnisse der Gutachten zu den Kosten - konkrete Zahlen
  1.202.851 €Betonsanierung
+  1.284.000 €Investition Aussichtsturm (Aufzug, Brandschutz pp)
=  2.486.851 €Gesamt           
-  1.902.441 €voraussichtliche Fördersumme   
=     584.410 €Eigenanteil der Stadt   
-  1.000.000 €an Stadt ausgekehrte ersparte Abrisskosten der RAG
415.590 €bei der Stadt verbleibende Differenz (Rückstellung für jährliche Unterhaltungskosten bis 2033)